Wie sieht die Arbeit eines Landesliga-Trainers aus? Welcher Arbeitsaufwand kommt auf einen Übungsleiter zu, dessen Mannschaft drei Ligen über meiner eigenen liegt? Welche Schwerpunkte werden im Training gesetzt? Und was ist bei der Spielvorbereitung anders?

Diese und viele weitere Fragen habe ich mir schon häufig gestellt, nicht zuletzt nach meiner bestandenen DFB-B-Lizenz im vergangenen Jahr. Nachdem ich seitdem die ein oder andere Trainingseinheit unserer Seniorenmannschaft als Kranken- oder Urlaubsvertretung unseres Trainers Frank Stuckenholz übernehmen durfte, und darüber hinaus auch während meiner B-Lizenz-Ausbildung von ihm die Möglichkeit erhalten habe, Trainingsformen auszuprobieren, entstand in mir der Wunsch, meinen Horizont etwas zu erweitern.

Da sich dieser bisher auf Kreisliga-Niveau abbildet, habe ich die Chance genutzt und beim naheliegenden Landesligisten TuS Tengern eine zweiwöchige Hospitation durchgeführt.

Hier leitet seit nunmehr sechs Jahren Holm Holger Hebestreit die sportlichen Geschicke des Vereins, der selbst einst in Gohfeld seine Fußballschuhe geschnürt hat und nach seiner langjährigen Tätigkeit beim FC Bad Oeynhausen, bei den Kleeblättern aus Tengern angeheuert hat. Hier gelang es ihm, den Verein zu einem dauerhaften Konkurrenten für die ersten drei bis fünf Plätze zu etablieren und sich dadurch einen hoch angesehenen Namen zu machen.

Da bereits aus früheren Tagen noch gute Kontakte untereinander bestanden, gestaltete sich die Kontaktaufnahme sehr einfach und ich konnte meine eher ungewöhnliche Anfrage nach einer Hospitation bei Holm Holger Hebestreit und Christian Meyer, Teammanager des TuS Tengern, platzieren.

Da ich sehr daran interessiert war, auch der ganz normalen Routine vor einem Spiel beizuwohnen – bestenfalls ohne einen eigenen Gohfelder Spieltag zu verpassen, konnten wir uns schnell auf einen Zeitraum Mitte März einigen, in dem glücklicherweise ein Nachholspieltag einer zuvor ausgefallenen Partie angesetzt war.

Am Dienstag, den 13.03.2018, ging es los mit der ersten Trainingseinheit auf dem Hüllhorster Kunstrasenplatz. Nach einer kurzen Vorstellung meiner Person im Kreise der Mannschaft, in der ich meine Motivation erläutern durfte warum ich in den kommenden Tagen stets mit dabei sein werde, lief der gewohnte Tengeraner Trainingsbetrieb.

Sehr zu meiner Freude nahm sich Holm Holger Hebestreit, gemeinsam mit seinen Co-Trainern Kai Sander und Bastian Bartelheimer, enorm viel Zeit um mir die Gedanken zu erläutern, die hinter dem geplanten Training steckten. Häufig hatten wir vor und nach den Übungen einen hochinteressanten Austausch, in dem auch ich meine aufgefassten Anmerkungen einbringen durfte.

Neben der hohen Intensität und Geschwindigkeit der Spieler im Trainingsbetrieb, fiel mir vor allem die explizite Schwerpunktverteilung des Trainers auf, die genau auf die möglichen Schwachpunkte des kommenden Gegners ausgelegt war.

Nach dem Training gab es die allwöchentliche Videoanalyse des vergangenen Spiels, sowie den Ausblick auf den kommenden Gegner – inklusive Rückblick auf das Hinspiel. Das Tengeraner Trainergespann nutzt hierfür hocheffektiv die in dieser Liga sehr verbreitete Möglichkeit der Fupa.tv Aufzeichnungen, um der Mannschaft positive und/oder verbesserungswürdige Spielsituationen darzulegen.

Das angesprochene Nachholspiel fand am Donnerstag, den 15.03.2018, auf dem Tengeraner Rasenplatz gegen den BV Bad Lippspringe statt, der mit dem ehemaligen Profi René Deffke als Trainer anreiste.

Ich erhielt die Möglichkeit, auch hier während der gesamten Vorbereitung dabei zu sein: Treffpunkt der Spieler, Taktikansprache, Trainergespräch, Warm-Up, Kabinenansprache und Halbzeitbesprechung. Der Einstand des Hospitanten verlief zudem sehr erfreulich, am Ende stand ein absolut verdienter und nie gefährdeter 4:0 Heimsieg.

Zwar kämpfte man auch hier vor der Partie mit dem Drucker für die Ausdrucke der Spielberichte, der restliche Tag hatte aus Sicht des Trainers aber deutliche Abweichungen zu dem eines Kreisligatrainers. Besonders einprägend waren die Einflüsse der Presse, die durch ein Interview mit dem Gästetrainer am Vortag noch für den einen oder anderen Gedankenanstoß für die Ausrichtung geführt haben. Auch die gern gesehene Möglichkeit, vor dem Spiel ein Gespräch unter Trainerkollegen zu führen, während der Beginn des Warm-Ups von den Co-Trainern der Mannschaften übernommen wird, sowie eine Nachbesprechung des Spiels mit dem Schiedsrichtergespann, sind hier sicherlich zu erwähnen.

Während am darauffolgenden Freitag aufgrund der hohen Belastung des Spiels für die Spieler ein trainingsfreier Tag ausgerufen wurde, ging es in der Folgewoche im üblichen Rhythmus weiter: Dienstag und Donnerstag Training, Freitag Abschlusstraining.

Während die Einheit am Dienstag vor allem darauf ausgelegt war, die Spieler an die obere Grenze der körperlichen Belastung zu bringen, gab es auch in dieser Woche am Donnerstag und Freitag ein Trainingsprogramm, welches speziell auf die Anforderungen des Spiels am Sonntag zugeschnitten war. Dies bestätigte meinen Eindruck der Vorwoche, in der sich bereits zeigte, wie weitreichend die Kenntnisse über den jeweiligen Gegner beim Trainer sind – natürlich bedingt durch seine sechsjährige Erfahrung in der Liga, aber nicht zuletzt eben auch aufgrund eines sehr akribischen Arbeitseinsatzes.

Nachdem auch die zweite Trainingswoche vorüberging und ich viele weitere für mich sehr interessante Eindrücke mitnehmen und verschriftlichen konnte, lud mich Holm Holger Hebestreit noch zu einem sehr offenen und ehrlichen Feedback-Gespräch ein, in dem wir die beiden vergangenen Wochen aufarbeiten konnten.

Letztlich denke ich, dass dies für beide Seiten ein absolut gewinnbringender Austausch war. Eine ganz neue Erfahrung auf bisher ungewohntem Niveau für mich, bei der ich für meine kommenden Trainertätigkeiten eine Menge mitnehmen konnte und mir zusätzlich einen Eindruck von dem machen konnte, wie weit es einmal gehen kann. Auf der anderen Seite eine neue Erfahrung für einen gestandenen Landesliga-Trainer, der sein Training einem Hospitanten erläutert und dadurch ganz automatisch einen tieferen Gedanken für seine eigenen Pläne erlangt und darüber hinaus einen externen Blick von mir bekommen hat.

An dieser Stelle gilt dem Tus Tengern – und speziell Holm Holger Hebestreit – natürlich mein größter Dank für diese Möglichkeit und den außergewöhnlich offenen Umgang, welches ich in keiner Weise als selbstverständlich ansehen würde.Ich wünsche der Mannschaft, dem Trainergespann und dem Verein alles Gute für den weiteren Saisonverlauf und sende beste Grüße aus Gohfeld.


TEXT/FOTO: Nino Flottmann